Kunstmuseum Bonn Erich Reusch 1954 – 1998

...Nicht zufällig arbeitete Reusch lange als Architekt, bevor er 1964 ausschließlich zur Plastik überging. Er wechselte das Metier, weil die Funktionszwänge der Architektur gestalteten, lebendig rhythmisierenden Raum als eigenes Thema im Wege standen. Was immer Reusch seit den 50er Jahren plastisch formuliert - seine Leidenschaft gilt dem Raum als eigenständigen, formbaren, aktivierbaren Spannungsfeld. Dieser Bildhauer hat nur ein Thema: die Verdichtung des Raumes, die Sublimierung unserer Raumerfahrung in Annäherung und Distanz, Ansicht und Aufsicht, Konfrontation und perspektivische Flucht. Alle Formelemente – Balken, Platten, Scheiben, Winkel, Stelen, hoch stoßende Dreiecke, auch die Farbe – sind lediglich Mittel, um Raum zu erzeugen, anzuspannen und zu entspannen, aggressiv aufzuladen und zu beruhigen. Sie machen den Raum breit und fluten und zerhacken ihn in einem kurztacktigen Stakkato. Sie orientieren Blickrichtungen und skandieren Schrittfolgen. Auch Intervalle sind gleichwertige Partien der Skulptur. Aus Massen, Flächen, Markierungen entsteht ein Gravitationsfeld, in dem die minimalistischen Formen keine autonomen Objekte sind, sondern Einweisungen in die Strömungen des Raumes. Dieser Raum ist nicht nur Existenzbedingung und Lebenselement der Skulptur. Er ist die Skulptur selbst. Das dabei gelegentlich unserer räumlichen Sensibilisierung viel abverlangt wird, ist eine Folge der stringenten Formökonomie...

Manfred Schneckenburger | Pionier im dezentralen Raum | Textauszug Katalog Erich Reusch – Arbeiten 1954 – 1998, S. 13, Kunstmuseum Bonn, 1998 Wienand Verlag, ISBN 3-929790-27-0

OBJEKT | SKULPTUR | INTEGRATION

...eine hingeworfene farbige „Skizze“ aus scheinbar beliebig hingeworfenen farbigen Stäben von unterschiedlichster Gestalt, gibt zu erkennen, wie aus der Unordnung die Ordnung sich entwickelt, jene die Voraussetzung der Gestaltbarkeit, diese das gestaltete Ereignis, das in der dezentralisierten Offenheit die Bedingungen für die Formentstehung eines Werkes zugleich sichtbar vorführt. Nicht das Chaos, noch die tödliche Vollkommenheit, sondern eine Labilität und Stabilität verknüpfende Situation ist durch plastische Mittel als Ordnung von Räumen mit der ihnen inhärenten Spannung zur Anschauung gebracht...

Jürgen Wißmann | Textauszug Katalog Erich Reusch, S.13, Städtische Galerie Lüdenscheid, 1986, Seltmann Druckereibetrieb

Installation, 1986

Objekt, 1986

Installation, 1986

Entwurf einer Plastik, 1985

Wandobjekt, um 1986

...Vor allem in den achtziger Jahren hat der Künstler sein Vokabular um verschiedene Farben und Formen erweitert. Es entstanden große farbige Außenskulpturen, Wand- und Bodenarbeiten von starkem sinnlichem Reiz, wobei viele Installationen in fließenden Übergängen sowohl Wand und Boden einbeziehen. Aus der offenen, geradezu regellos erscheinenden Verteilung der plastischen Elemente und ihrer heterogenen Farben, Materialien (Stahl, Marmor, Holz, Glas Leinwand, etc. und quadratischen, rechteckigen, linearen, gekrümmten, unregelmäßigen Formen ergibt sich für das Auge der Eindruck einer nicht festlegbaren, unabschließbaren Kombinatorik der Teile und ihrer Beziehung, die sich nicht auf die Koordinaten des Raumes einlassen. Dem bloßen Zufall unterworfen ist die Streuung der Teile aber nicht, diese haben ihren in Entwürfen und Modellen skizzierten Zusammenhang. Sie entwickeln ein Zusammenspiel verdichteter und aufgelockerter Zonen sowie vertikaler und horizontaler Richtungen, das nicht determiniert erscheint, aber ebenso wenig jede Vorstellung von Ordnung aufgibt. Dieser Umgang mit Raum verdeutlicht, dass Reusch die Wand nicht einfach als Träger von Bildern nutzt, sie ist vielmehr Gegenstand eines Prozesses, in dessen Verlauf sie durch Streuung, das unterschiedliche Volumen, das räumliche Vor- und zurück der Objekte in ihrer Abmessung und ihrer Form durchbrochen und aufgelöst wird...

Volker Adolphs | Der Raum, die Leere, der Ort | Textauszug Katalog Erich Reusch – Arbeiten 1954 – 1998, S. 22, Kunstmuseum Bonn, 1998 Wienand Verlag, ISBN 3-929790-27-0

Skulptur um 1984

Entwurf für einen Wettbewerb

Universität, Augsburg

INTEGRATION | 1985–1988

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